Überholen von Fahrrädern: außerorts 2 m Abstand – Was sagt die Polizei dazu

Ein Punkt, der in den letzten Monaten immer wieder zu Diskussionen geführt hat, ist das Überholen von Fahrädern durch Autos.

Laut STVO ist beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von Radfahrern außerorts ein Seitenabstand von 2 m gefordert.

Dieser Seitenabstand ist ja für die Sicherheit der Radfahrer sehr sinnvoll, insbesondere auf Außerortsstraßen, auf denen unter Umständen mit 100 km/h gefahren werden darf.

Auf den Härten, in der Gemeinde Kusterdingen, gibt es viele Straßen außerorts, die nur 4 m breit sind und somit ein Radfahrer nicht überholt werden darf. Dazu zählen zum Beispiel die Verbindungen zwischen Jettenburg und Kusterdingen, die Straße am Sendemast vorbei von Wankheim nach Kusterdingen, sowie die Straße von Wankheim zum Bläsiberg. In der Praxis halten sich die wenigsten Autofahrer an diese Abstandsregel, wahrscheinlich weil sie die Vorschrift nicht kennen.

Um die Unsicherheiten etwas aufzuklären, haben wir beim Polizeipräsidium Reutlingen, bei Herrn Lutz Jaksche, dem Leiter der Stabsstell Öffentlichkeitsarbeit, einige Fragen gestellt und die folgenden Antworten erhalten:

1.            Ist die Straßenbreite durch die asphaltierte Fläche definiert oder wird das Straßenbankett dazu gezählt?

Je nach Art der Straße bemisst sich die Straßenbreite unterschiedlich: bei einem Gemeindeverbindungsweg zum Beispiel an der Asphaltierung, bei höherrangigen Straßen an der weißen Fahrbahnbegrenzungslinie.

2.            Muss der Radfahrer für den Autofahrer den Platz freigeben, indem er auf das Straßenbankett oder in die Wiese fährt?

Beim Überholen von Radfahrern muss der Pkw-/Lkw-/Fahrzeuglenker einen ausreichenden Sicherheitsabstand einhalten. Dieser beträgt innerhalb geschlossener Ortschaften 1,5 Meter, außerhalb 2 Meter (§ 5 Abs. 4 StVO). Kann dieser Abstand nicht eingehalten werden, darf grundsätzlich nicht überholt werden. Allerdings erfordert der dichte Straßenverkehr immer auch ein Miteinander und kein Gegeneinander, weshalb alle Verkehrsteilnehmer angehalten sind, stets die immer geltende Grundregel der Straßenverkehrsordnung (§ 1 Abs. 2 StVO)  im Blick zu behalten:

Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Aus einer Fahrbahnbreite von vier Metern lässt sich somit weder eine Pflicht des Radfahrers zum Ausweichen auf das Bankett noch ein absolutes Überholverbot herleiten.

3.            Soll der Radfahrer, wenn er ohne 2 m Abstand überholt wird, eine Anzeige bei der Polizei machen?

Eine Anzeigenerstattung bei der Polizei ist jederzeit möglich.

4.            Könnte die Polizei oder die Straßenverkehrsbehörde eine Signalisation aufstellen, um auf das 2 m Überholabstandsgebot aufmerksam zu machen?

Für das Aufstellen von amtlich zugelassenen Verkehrszeichen ist nicht die Polizei, sondern die Straßenverkehrsbehörde zuständig.

5.            Ist die Polizei gewillt, die Umsetzung der 2 m Abstandsregel zu kontrollieren?

Die Bekämpfung von Radfahrunfällen ist einer der Schwerpunkte der polizeilichen Verkehrsüberwachung. Dabei haben wir nicht nur die Radfahrenden selbst im Blick, wir achten auch auf das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer gegenüber dem Radverkehr, insbesondere auf das Überholen. Die Überwachungen sind Bestandteil der polizeilichen Verkehrsüberwachung der Streifendienste und der Verkehrspolizei im Rahmen des täglichen Dienstes. Festgestellte Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit bei der Bußgeldbehörde angezeigt.

Die Nichteinhaltung des Seitenabstands beim Überholen ohne Behinderung oder Gefährdung ist nach §5 Abs. 4 StVO geregelt und wird mit einem Verwarnungsgeld von 30 Euro geahndet.

Wir danken Herrn Lutz Jaksche für die ausführlichen und klaren Antworten. Als Take-home lesson kann man sich merken: Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

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